Ems-Zeitung vom 1. Februar 2020

Erste Pfeifen werden intoniert

Die Walcker-Orgel in Papenburg nimmt Gestalt an

Von Raphael Steffen


Intonateur Marco Ellmer bei der Arbeit an der Walcker-Orgel. Der Aufbau wird sich noch Monate hinziehen. Foto: Raphael Steffen

Papenburg. So langsam ist es schon als Orgel zu erkennen, das gewaltige Instrument, das demnächst in der St.-Antonius-Kirche in Papenburg erklingen soll. Seit Anfang letzter Woche ist eine Fachfirma damit beschäftigt, die einzelnen Bestandteile aufzubauen, zu intonieren und zu stimmen - Pfeife für Pfeife, Register für Register.

Die bedeutende Orgel aus dem renommierten Hause Walcker hatte von 1927 bis 2002 ihren Platz in einem Konzertsaal in Gelsenkirchen, ehe sie bis 2007 umfassend renoviert wurde. Danach schlummerte sie zehn Jahre lang im Dornröschenschlaf - der klammen Ruhrgebietsstadt fehlten Platz und Geld für eine adäquate Unterbringung. 2017 wurde sie für einen symbolischen Euro an die katholische Gemeinde in Papenburg verkauft, seit vergangenem Jahr laufen die Um- und Aufbauarbeiten auf der Empore.

"Eine große Herausforderung"

Jetzt sind zwei Mitarbeiter der Fachfirma Seifert aus Kevelaer dabei, die eigentliche Orgel einzurichten. Seit vorletztem Montag sitzen Marco Ellmer und Maximilian Paroth in St. Antonius, bauen die Pfeifen und Register auf, passen den Klang auf den Kirchenraum und seine besondere Akustik an. Es geht um Lautstärke, Klangcharakter und die Balance unter den Registern. Sie sind Intonateure. "Jede Pfeife hat 300 verschiedene Möglichkeiten, intoniert zu werden", sagt Ellmer: "Die Intonation ist eine große Herausforderung. Ich habe jeden Ton etwa zehn Mal in der Hand, bis er klingt, wie er soll." Intonation ist übrigens nicht dasselbe wie Einstimmung. Die kommt erst danach.


Die Pfeifen müssen exakt eingestimmt werden. Um das weiche Material nicht durch Schweiß zu beeinträchtigen, tragen die Intonateure Handschuhe. Foto: Raphael Steffen

Über einen virtuellen Spieltisch, der per WLAN mit einem Keyboard verbunden ist, kann Ellmer die einzelnen Register an- und abschalten. Ist eine Pfeife zu leise oder zu laut, verändert er die Öffnungen, durch die Wind geblasen wird, der die Töne erzeugt. Die Orgel läuft "elektro-pneumatisch mit digitaler Steuerung", so erklärt Ellmer es. Auch über die drei Spielorte, die später in der Kirche eingerichtet werden, wird sich die Orgel digital steuern und sogar programmieren lassen: Dann braucht es theoretisch gar keinen Organisten mehr, der live spielt. Das hilft bei Konzertvorbereitungen, wenn die Künstler vorab durch den Raum laufen, ihrem eigenen Spiel zuhören und es noch anpassen können. 

Kirche wird geschlossen

Bislang haben Ellmer und Paroth eine Windlade mit sieben Registern geschafft. Bei insgesamt 98 Registern und 6850 Pfeifen liegt auf der Hand, dass sie noch eine Weile brauchen. Die Einweihung der Walcker-Orgel durch Bischof Franz-Josef Bode ist für Pfingsten geplant. Bis dahin ist noch einige Arbeit zu leisten. Dazu wird die Antoniuskirche ab Montag werktags geschlossen. Die Kreuzkapelle steht den Betenden nach wie vor offen, auch die Gottesdienste am Wochenende finden wie gewohnt statt. Aber im Kirchraum benötigen Ellmer und Paroth Stille. Eine so exquisite Orgel aufzubauen ist schließlich eine Wissenschaft für sich.


Im Kirchenraum warten weitere Orgelpfeifen darauf, verbaut, intoniert und gestimmt zu werden. Je größer die Pfeifen, desto tiefer die Töne - bei der Walcker-Orgel bewegen sie sich zwischen 16 und 20.000 Hertz. Foto: Raphael Steffen