Ems-Zeitung vom 15. April 2020

Großprojekt in Antonius-Kirche

Das Hauptwerk der Papenburger Walcker-Orgel ist komplett

Von Klaus Dieckmann

Bild 1: Die letzte von über 6000 Pfeifen: Orgelbauer Marco Ellmer (links) und Pfarrer Franz Bernhard Lanvermeyer sehen das Hauptwerk der Walcker-Orgel kurz vor seiner Vollendung. Foto: Klaus Dieckmann

Papenburg. Die Einweihung der Walcker-Orgel in der St.-Antonius-Kirche in Papenburg, die für Pfingstsamstag, 30. Mai, geplant war, ist angesichts der Corona-Krise abgesagt. Schade, denn trotz der Pandemie nähert sich die Fertigstellung des monumentalen Instruments in dem Gotteshaus ihrem Ende.

Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode habe den Einweihungstermin am Pfingstsamstag vor dem Hintergrund der "unübersichtlichen Lage" abgesagt, teilt Pfarrer Franz Bernhard Lanvermeyer von der Pfarrei St. Antonius mit. Sobald die Situation wieder überschaubar sei, "werden wir neu planen", sagt der Geistliche. Das gelte vielleicht auch für das Programm ab Mitte des Jahres, das der Förderverein "Musik in St. Antonius" bereits abgesteckt hat. Und in Zusammenarbeit mit dem Kulturressort der Stadt Papenburg ist eigentlich ein Eröffnungskonzert für den 13. Juni ins Auge gefasst.

 Den Orgelbauern Marco Ellmer und Maximilian Paroth von der Firma Seifert aus Kevelaer war es derweil vorbehalten einen deutlichen Meilenstein auf dem Weg zur Installation der Walcker-Orgel in das katholische Gotteshaus am Untenende zu setzen. Auf einem Kissen präsentierte Ellmer Pfarrer Lanvermeyer die letzte noch fehlende Pfeife für den zentralen Klangkörper auf dem Orgelboden über dem Haupteingang der Antoniuskirche, bevor er sie im Mittelteil des Instruments in ein Register einsetzte.

Bild 2: Deutlich an Konturen gewonnen hat nicht nur der Prospekt der Walcker-Orgel in der St.-Antonius-Kirche, sondern ebenfalls das Innenleben hinter der kunstvollen Verkleidung der mächtigen Orgelkörper. Foto: Klaus Dieckmann

Davon gibt es deren 78 in den fünf "Türmen", die sich teils schwebend über den Arkaden des Hauptportals befinden. Weitere 20 Register umfasst die Chororgel, das so genannte Fernwerk, das im rechten Seitenflügel der Kirche in Nachbarschaft zur Kreuzkapelle entsteht. Hier wird auch der Spieltisch für die Organisten seinen Platz finden. Zusätzlich gibt es ein Podium für Chöre, die bei ihren Auftritten Gottesdienste oder Konzerte mitgestalten.

Etwa 7000 Pfeifen

Mit dem Einbau der letzten Pfeife in die Hauptorgel dürften nach Einschätzung von Regionalkantor Ralf Stiewe von der Pfarrei St. Antonius nahezu 85 Prozent der Klangelemente ihre Position gefunden haben. Seinen Berechnungen zufolge dürfte mit der Vollendung der Register in der Hauptorgel die Zahl der dort eingesetzten Pfeifen 6077 betragen. Für die 20 Register in der Chororgel im Seitenflügel veranschlagt Stiewe nochmals um die 900 Pfeifen.

Damit kommt der Regionalkantor in der Summe nicht ganz an den Wert von Orgelbauer Ellmer heran, der zur Fertigstellung der Walcker-Orgel insgesamt 7245 Pfeifen prognostiziert. "Wir rechnen ein wenig unterschiedlich", erklärt Stiewe. Im laufenden Prozess könne es zu unterschiedlichen Betrachtungen kommen. Mit dem Ende des Einbaus werde aber eine verbindliche Zahl darüber vorliegen, wie viele Pfeifen in der dann größten Orgel im Bistum Osnabrück – wenn nicht sogar niedersachsenweit – erklingen.

Den richtigen Klang für das Kircheninstrument stellt Orgelbauer Ellmer ein, dessen Tätigkeitsschwerpunkt auf der Intonation liegt. Pfeife für Pfeife nimmt er sich vor und formt "Charakter und Farbe des Klangs" aus, erläutert Ellmer. Über einen virtuellen Spieltisch, der per WLan mit einem Keyboard verbunden ist, kann der Intonateur jede einzelne Pfeifen ansteuern und mit handwerklichen Veränderungen an dem Klangelement dessen Tonlage oder Lautstärke verändern und dem Gesamtbild anpassen. 

Intonation dauert noch

Selbst wenn nun die letzte Pfeife in die Hauptorgel eingebaut ist, erklingt das Instrument noch längst nicht in seiner eigentlichen Ausprägung. Die Intonation der Pfeifen im zentralen Klangkörper werde sich noch einige Zeit hinziehen, berichtet Ellmer. Und dann stünden ja auch noch die Aufgaben an der Chororgel an, die ebenerdig im rechten Seitenflügel der St.-Antonius-Kirche erstellt werden soll.

Dort, wo sich neben einer Tür zur Kreuzkapelle der barrierefreie Nebeneingang zur St.-Antonius-Kirche befindet, sind bislang aber noch keine Aktivitäten der Orgelbauer zu sehen. Der Bauzeitenplan hänge ein wenig, räumt Regionalkantor Stiewe ein. Die ursprünglich abgesteckten Montageziele seien aufgrund der verordneten Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie ins Rutschen geraten. Davon betroffen sei nicht nur die Orgelbaufirma Seifert selbst, sondern auch eine Reihe von Zulieferbetrieben.

 

Extra:

Monumentale Wunderorgel

Die Walcker-Orgel, die derzeit in die St.-Antonius-Kirche in Papenburg eingebaut wird, gilt als eine der wichtigsten Orgeln der 1920er-Jahre. Experten betrachteten sie aufgrund ihres sinfonischen Klangs seinerzeit als "Wunderorgel". Konzipiert und gefertigt wurde das monumentale Instrument im Jahr 1927 von der Firma Walcker aus Ludwigsburg. In den 98 Registern der Orgel erklingen über 7000 Pfeifen. Bespielt wurde sie bis zum Jahr 2001 im Konzertsaal des Hans-Sachs-Hauses in Gelsenkirchen. Der Neubau des in die Jahre gekommenen Verwaltungssitzes sah indessen keinen Konzertsaal mehr vor. So lagerte die Stadt Gelsenkirchen die Walcker-Orgel nach einer umfassenden Restaurierung auf Grundlage der Originalpläne bei der Orgelbaufirma Seifert in Kevelaer am Niederrhein ein. Fast zwei Jahrzehnte währte dort der Dornröschenschlaf, bis die St.-Antonius-Kirchengemeinde Interesse an dem Instrument bekundete. Im Mai 2017 beschloss der Stadtrat Gelsenkirchen den Verkauf für den symbolischen Preis von einem Euro nach Papenburg. Für die Installation der Walcker-Orgel, die Mitte des Jahres 2018 mit baulichen Vorarbeiten anlief, muss die Kirchengemeinde mehr als eine Millionen Euro aufbringen.