Ems-Zeitung vom 12.072017

Erstes Expertentreffen im Emsland
Umzug der Walcker-Orgel nach Papenburg nimmt Gestalt an

Von Daniel Gonzalez-Tepper


Expertengremium für den Aufbau der Walcker-Orgel in Papenburg: (v.l.) Bernd Kassen (Kirchenvorstand St. Antonius Papenburg), Martin Dücker (Domkapellmeister aus Stuttgart), Dr. Thomas Lipski (Musik- und Orgelwissenschaftler aus Cloppenburg), Dr. Martin Kares (Orgel- und Glockenamtes der Badischen Landeskirche in Karlsruhe), Ralf Stiewe (Organist St. Antonius Papenburg), Martin Tigges (Kirchenmusikdirektor Bistum Osnabrück), Pfarrer Franz Bernhard Lanvermeyer, Prof. Franz-Josef Rahe (Bischöflicher Beauftragter für Kirchenmusik im Bistum Osnabrück) und Prof. Dr. Martin Sander (Professor für Orgel an den Hochschulen für Musik in Detmold und Basel) Foto: Daniel Gonzalez-Tepper

Papenburg. Ein mit Fachleuten aus ganz Deutschland besetztes Expertengremium hat am Dienstagnachmittag in der St. Antonius-Kirche über den Aufbau der Walcker-Orgel in der Papenburger Kirche beraten. Eines der Ergebnisse: Das berühmte Kirchenmusikinstrument wird von zwei Seiten erklingen.

Die Fachleute zeigten sich beeindruckt von der Akustik in der Kirche und lobten die Entscheidung, die 1927 erbaute Orgel in Papenburg wieder aufzubauen, in höchsten Tönen. Die Orgel ist mit 6850 Pfeifen und 98 Registern eine der größten jemals in Deutschland gebauten. „Ein toller Raum, ich freue mich schon jetzt sehr auf das Ergebnis“, sagte Martin Sander, Professor für Orgel an den Hochschulen für Musik in Detmold und Basel. Er hatte bereits die in den Jahren 2003 bis 2007 erfolgte Restaurierung der Walcker-Orgel begleitet und wurde von Pfarrer Franz Bernhard Lanvermeyer in das Expertengremium berufen.

Der Stadtrat von Gelsenkirchen, in deren Besitz sich die „Königin unter den Orgeln“ befindet, hatte im Mai 2017 beschlossen, das Instrument für einen symbolischen Preis von einem Euro an die Kirchengemeinde St. Antonius Papenburg zu vergeben. Ein Wiederaufbau in Gelsenkirchen war räumlich nicht mehr möglich. Denn das alte Hans-Sachs-Haus, in dem die Walcker-Orgel seit Anfang der 1950er Jahre in einem Konzertsaal aufgebaut war, wurde weitgehend abgerissen. Seitdem war sie bei der Orgelbaufirma Seifert in Kevelaer am Niederrhein eingelagert. Die Stadt im Ruhrgebiet hatte seitdem nach einem Ort gesucht, an dem das Instrument „in seiner vollen Pracht und mit seinem überwältigenden Klang strahlen kann. Mit der Papenburger Pfarrkirche haben wir genau diesen Raum gefunden, vielleicht sogar mit besserem Klang als dies zuletzt im alten Hans-Sachs-Haus der Fall war“, sagte Volker Bandelow, Leiter des Kulturreferats der Stadt Gelsenkirchen, im April. Insgesamt kalkuliert die Papenburger Kirchengemeinde mit Kosten in Höhe von rund einer Million Euro. Die Finanzierung wird durch verschiedene Fördergelder, dem Bistum und Spendern sichergestellt.

Fernwerk links vom Altar

Zwei wesentliche Entscheidungen hat das Gremium bei der Zusammenkunft getroffen: Zum einen wird ein Teil der Orgel, ein sogenanntes Fernwerk, das etwa zehn Prozent der Pfeifen ausmachen wird, auf einer kleinen Empore links vom Altar aufgebaut. „Dadurch wird eine Beschallung der Kirchenbesucher von zwei Seiten möglich, was eine noch größere Wirkung für den Klang bedeuten wird“, erklärt Martin Dücker, früherer Domkapellmeister in Stuttgart. Außerdem orientiere man sich mit diesem Aufbau an dem Original von 1927, damals war das Fernwerk sogar im Dach des Konzertsaals angebracht, was bei einer Kirche kaum möglich sei.

Die zweite wichtige Entscheidung des Gremiums: Auf der Empore wird die Walcker-Orgel deutlich weiter vorne stehen als die jetzige. Das hat nach Angaben von Martin Tigges, Kirchenmusikdirektor im Bistum Osnabrück, zwei Vorteile: „Der Rundbogen, der sich oberhalb der Empore befindet, würde ein Teil der Töne nach hinten leiten. Deshalb wird die Orgel unter beziehungsweise vor dem Bogen aufgebaut. Außerdem kann sie an dieser Stelle deutlich breiter errichtet werden.“ Für dieses Konzept muss allerdings der Spieltisch weiter in den Kirchenraum rücken. Ob dafür eine Erweiterung der Empore notwendig ist, wird nun ebenso wie die statischen Bedingungen und die Luftzufuhr für das Fernwerk geprüft.

Experten: Aufbaukosten von einer Million Euro gerechtfertigt

Pfarrer Lanvermeyer und Ex-Domkapellmeister Martin Dücker verteidigten am Rande des Expertentreffens die Aufbaukosten von geschätzt rund einer Million Euro. „Der Neukauf einer derart großen Kirchenorgel dürfte vier bis fünf Millionen Euro kosten. Und eine Orgel in der jetzigen Größe mit 45 Registern mindestens 1,5 Millionen Euro“, erklärten beide. Die beauftragte Orgelbaufirma werde mehrere Monate damit beschäftigt sein, jede der 6850 Pfeifen aufzuhängen, zu stimmen und in Einklang zu bringen.

Im November wird sich das Gremium erneut treffen, diesmal in der Domstadt Köln, also quasi in der Mitte zwischen Karlsruhe/Stuttgart und Papenburg/Osnabrück. Im Idealfall kann der Aufbau im Frühjahr 2018 beginnen, die Inbetriebnahme dann im Jahr 2019.