Ems-Zeitung vom 18-07-2017

Papenburgs künftiges Aushängeschild
Zu Besuch bei der Walcker-Orgel in Kevelaer am Niederrhein

Von Daniel Gonzalez-Tepper


Orgelbau-Konstrukteur Franz Peters von der Orgelbaufirma Romanus Seifert & Sohn in Kevelaer am Niederrhein plant am Computer derzeit den Aufbau der Walcker-Orgel in der Antoniuskirche in Papenburg. Foto: Daniel Gonzalez-Tepper

Kevelaer/Papenburg. Spätestens 2020 wird die berühmte Walcker-Orgel das neue touristische und kirchliche Aushängeschild der Stadt Papenburg und der Antoniuskirche am Untenende sein. Derzeit ist die Orgel, die mit 6850 Pfeifen und 98 Registern zu den größten jemals in Deutschland gebauten gehört, in einem Depot in der Wallfahrtstadt Kevelaer eingelagert. Unsere Redaktion war vor Ort und durfte einen exklusiven Blick in das Lager wagen.

Eine knarzige Holztreppe führt in das Obergeschoss des Altbaus der Orgelbaufirma Romanus Seifert am Rande der Wallfahrtstadt Kevelaer unweit der Bundesstraße 9. Die Luft ist warm und schwül, das ist sofort zu merken. „Ideale Bedingungen für die Walcker-Orgel“, sagt Roman Seifert. Der 41-Jährige bildet die fünfte Generation der traditionsreichen Orgelbaufirma Romanus Seifert aus Kevelaer. Deren Geschichte reicht bis ins Jahr 1885 zurück, ihren Durchbruch hatte sie durch den Bau der mit 135 Registern größten romantischen Orgel der Welt in der Marienbasilika in Kevelaer.

Mechanische Ventile teilweise aus Leder

Ideal sind die schwül-warmen Bedingungen in dem Depot deshalb, weil ein Teil der etwa streichholzschachtel-großen Taschenladen, also der Ventile für die Luftzufuhr, aus Leder bestehen. „Das Leder mag es nicht zu trocken und warm“, erklärt Roman Seifert. Bei 6850 Pfeifen und 98 Registern gibt es einige davon in dem außergewöhnlichen Instrument. Eine schwere Kunststoff-Folie schützt die drei Schwellwerke, also die Rahmenkonstruktion, und die Pfeifen, die in diesem eingebaut sind. Auch der große Spieltisch ist in eine Schutzfolie eingewickelt. Die 700 größten Pfeifen, also etwa zehn Prozent der Großorgel, sind aus Platzgründen in einem ehemaligen Munitionsbunker im Ortsteil Twisteden eingelagert.

Den derzeit wichtigsten Job aller Beteiligten hat Franz Peters. Seit 37 Jahren ist der 55-Jährige als Orgelbau-Konstrukteur für die Firma Seifert tätig, wenn er aus seinem gläsernen Büro schaut, blickt er geradewegs auf die eingepackte Walcker-Orgel. Seit etwa acht Wochen tüftelt Peters, ähnlich wie ein Architekt, am Computer an einem Aufbau-Plan. „Die Walcker-Orgel hat für mich derzeit erste Priorität“, sagt der Fachmann. Anzeigen lassen kann er sich am Bildschirm einen Seitenschnitt, eine Draufsicht von oben oder aus dem Kirchenraum. Dazu wurde die Antoniuskirche bereits vor einiger Zeit vermessen.

Froh über fachliche Begleitung

Der Vorschlag des Konstrukteurs wird an die Expertenkommission aus Kirchenmusikern gehen, die in der vergangenen Woche zum ersten Mal in Papenburg zusammengekommen ist und im Herbst eine Entscheidung über die Art des Aufbaus in der Antoniuskirche an der Kirchstraße (B70) in Papenburg treffen soll. „Wir freuen uns über diese fachliche Unterstützung“, betonen Peters und Seifert. Auch wenn sie längere Entscheidungswege bedeuten. Die Detailplanung wird auch über die Aufbaukosten entscheiden, die die Kirchengemeinde St. Antonius mit rund einer Million Euro veranschlagt hat. An den Eigentümer der Walcker-Orgel, die Stadt Gelsenkirchen, ist wie berichtet nur ein symbolischer Preis von einem Euro fällig.

Geplant wird von den Orgelbau-Experten eine zeitgenössische Aufbau-Lösung. Bedeutet: Die Orgel wird gut sichtbar im Kirchenraum in Papenburg wahrnehmbar sein und nicht durch Lamellen wie im Gelsenkirchener Hans-Sachs-Haus oder bei barocker Lösung mit verschnörkelter Zierverkleidung teilweise oder fast vollständig verdeckt sein. „Das wird auch dem Klang zugute kommen“, sagt Roman Seifert, der betont, den endgültigen Auftrag für den Aufbau noch nicht erhalten zu haben. Weil sein Betrieb aber bereits die Restaurierung der Walcker-Orgel von 2003 bis 2007 begleitet hat und sie seitdem werkstattfertig in seinem Betrieb eingelagert ist, dürfte es keinen geeigneteren Orgelexperten geben für den Aufbau im Emsland.

Drei Interessenten buhlten um die Orgel

Dass die Riesenorgel nach mehr als zehn Jahren Einlagerung endlich wieder aufgebaut wird, und das in einem aus ihrer Sicht bestens geeigneten und repräsentativem Raum wie der Antoniuskirche Papenburg, halten beide Niederrheiner für eine unschätzbar wichtige und richtige Entscheidung. Auch, dass sie zweigeteilt mit einem Fernwerk neben dem Altar aufgebaut wird. „Orgeln mit einem Fernwerk kann man in Deutschland an zwei Händen abzählen“, sagt Seifert.

Bereits seit gut einem Jahr befasst sich der Geschäftsführer im Auftrag der Stadt Gelsenkirchen intensiv mit dem Wiederaufbau der Walcker-Orgel. Ursprünglich gab es nämlich drei Interessenten, berichtet der 41-Jährige, der berichtet, dass neben Papenburg die evangelische Marienkirche in Prenzlau in Brandenburg und das Chorforum in Essen, einer ehemaligen Kirche, die zu einem Veranstaltungs-, Proben- und Arbeitsraum für Chöre umgebaut worden ist, um die Orgel konkurriert haben. „Letztlich überzeugte Papenburg mit der besten Räumlichkeit“, sagt Seifert.

Außerdem seien hierbei eher wenige Baunebentätigkeiten zu erledigen, also Umbauarbeiten in der Kirche, zudem waren die Finanzierung der Aufbaukosten gesichert. Und dass die Kirchengemeinde St. Antonius mit Organist Ralf Stiewe seit Oktober 2016 einen hauptamtlichen Kirchenmusiker vorweisen kann, der die Walcker-Orgel nach einer Zeit der Eingewöhnung auch beherrschen können wird, sei ebenfalls kein Nachteil gewesen, deutet der Orgelexperte an.

Fertigstellung eher 2020 realistisch

Seifert berichtet, dass seine Werkstatt bis Mitte 2018 mit Aufträgen ausgelastet ist. Und bevor ein Aufbau in Papenburg erfolgen kann, sind einige schreinerische und mechanische Vorarbeiten in der Werkstatt notwendig. Der eigentliche technische Aufbau wird etwa zwei Monate in Anspruch nehmen, für die Intonation der Orgel, also dem (Ab-)Stimmen der Pfeifen und der Register, kalkuliert er mit fünf bis sechs Monaten. Insgesamt rechnet der Experte mit einer Aufbauzeit von 18 Monaten. Realistisch erscheint daher demnach eine Fertigstellung eher im Jahr 2020 als 2019, wie von Pfarrer Franz Bernhard Lanvermeyer erhofft.